Jetzt wird es ernst: Freiwilliges Siegel „Tierhaltung Plus“: Wer nicht unterschreibt, wird gekündigt

Das AMA Siegel „Tierhaltung Plus“ soll zum Standard werden. Die Molkereien drohen mit Kündigung oder erheblichen Milchgeldkürzungen. Erste Bauern wehren sich jetzt mit Juristen dagegen.

Für Milchbauern ohne das Zusatzmodul „Tierhalthaltung Plus der AMA wird es eng. Landwirte haben Schreiben von Molkereien erhalten, in denen mit Milchgeldkürzungen und Kündigung gedroht wird, wenn sie nicht zeitnah unterschreiben.

Das Gütesiegel sichert den heimischen Molkereien nach eigener Aussage die Export­möglichkeit nach Deutschland. So sind österreichische Betriebe gleichauf mit ­der deutschen Kennzeichnung. Doch Kritik von den Bauern wurde laut, da trotz Mehrleistungen bei der Tierhaltung keine zusätzliche Bezahllung geplant ist.

Die Berglandmilch fordert nun von den Lieferanten, die bisher noch nicht am Programm teilnehmen, bis spätestens 16. August eine Zustimmungserklärung , sonst wird mit 1. September die Milchlieferung in der Tierwohlbonusstufe 0 abgerechnet. Außerdem wird mit 31.12.2024 die Lieferbeziehung ohne weiteres zutun beendet, „da dadurch der Milchlieferordnung und damit dem Milchliefervertrag nicht entsprochen wird“, heißt es in dem Schreiben. Wie viele Bauern betroffen sind, ist nicht klar. Bei der Berglandmilch wurde von rund 10 % der Betriebe gesprochen, heißt es.

Von der Unternehmensprecherin Anna Brandstetter heißt es nur: „Die Anzahl jener Lieferanten (Mitgliedsbetriebe), welche einer Kontrollkostenförderung sowie einem Tiergesundheitsmonitoring nicht zugestimmt haben reduziert sich täglich. Insbesondere, nachdem das TGD-Programm „Erweitertes Tiergesundheitsmonitoring“ nach Anhörung und einstimmigem Beschluss im Tiergesundheitsdienst-Beirat vom Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz in den amtlichen Veterinärnachrichten kundgemacht wurde.“

Die Salzburgmilch will ab 1. Oktober bei Betrieben, die ohne die Zertifizierung sind, 10 Cent pro kg Milch einbehalten. Als Grund gibt sie den Mehraufwand beim Transport an. Außerdem könne der Milchpreis für die nicht zertifizierte Milch erst im Folgemonat festgelegt werden.

Die Agrargemeinschaft Österreich (AGÖ) hat ihren Rechtsanwalt mit der Prüfung der Lieferverträge beauftragt. Rechtlich sei es nicht in Ordnung, in die bestehenden Verträge einzugreifen, erklärt Manfred Muhr, Sprecher der AGÖ. Sofern der jeweilige Lieferant der geänderten Milchlieferordnung nicht zugestimmt habe, sei die Molkerei nicht berechtigt, den Vertrag während der Laufzeit einseitig abzuändern. Der Vertrag könne nur zum nächstmöglichen zulässigen Zeitpunkt unter Einhaltung der Kündigungsfrist gekündigt werden.

Sollte es zu Milchpreiskürzungen kommen, so kann laut Muhr nicht ausgeschlossen werden, dass seitens der Lieferanten der Milchliefervertrag „mangels vertrags- und sohin rechtskonformer Zahlung des vereinbarten Milchpreises gekündigt wird“. Die AGÖ hätte sich im Sinne einer gesunden Landwirtschaft unter fairer Entlohnung eine andere Zusammenarbeit mit den milchverarbeitenden Betrieben und Genossenschaften vorgestellt. von Roland Pitner