Zum aktuellen Zeitpunkt Kann man auf keine Entlastungsmaßnahmen der EU-Kommission hoffen. Aus Kommissionskreisen hieß es am vergangenen Freitag (22.10.) lediglich, dass die Behörde die Marktsituation in den einzelnen Sektoren genau verfolge. Offenbar denkt Brüssel auch nicht daran, den Anti-Dumpingzoll gegen unfaire Handelspraktiken von Herstellern aus Drittstaaten wie Russland oder Trinidad und Tobago aufzuheben.
Aufgrund der stark gestiegenen Energiepreise hat sich die Produktion von Stickstoffdüngern derartig verteuert, dass Hersteller ihre Produktionsanlagen teils runterfahren und dadurch erhebliche Versorgungsengpässe drohen. Zur Ankündigung des polnischen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki, bei weiter steigenden Betriebsmittelpreisen, Beihilfen für seine Bauern zahlen zu wollen, erklärte eine Kommissionssprecherin gegenüber Nachrichtendienst Agra-Europe,dass jeder EU-Mitgliedstaat das Recht habe, Sonderhilfen zu leisten. Das betreffende Mitgliedsland müsse sich allerdings diese von der Kommission genehmigen lassen.
Erst kürzlich hatte die Brüsseler Behörde angekündigt, es den Mitgliedstaaten zu vereinfachen, Hilfen für Unternehmen oder Industriebranchen im Einklang mit dem EU-Beihilferecht zu gewähren. Beim Treffen der EU-Agrarminister in Luxemburg räumte Agrarkommissar Janusz Wojciechowskiallerdings ein, dass die hohen Energiepreise zu einem Problem werden und sich auch auf die Lebensmittelpreise in der EU auswirken könnten.
Unterdessen sicherte Polens Ministerpräsident Morawiecki seinen Landwirten staatliche Unterstützung zu, sollte sich die Lage nicht bald entspannen. In einem Facebook-Post stellte Morawiecki fest, dass die Preisexplosion am Düngermarkt die direkte Folge der rasanten Preisentwicklung für Erdgas sei, angeheizt durch die „Preismanipulation der russischen Firma Gazprom und der russischen Regierung“. Da Erdgas gegenwärtig rund 70 % des Düngerpreises ausmache, lasse sich die Verteuerung kaum abfedern. Sofern es hier in den nächsten Monaten keine Abwärtsbewegung gebe, werde die Regierung mit staatlichen Einkaufsinterventionen und Subventionen gegensteuern, kündigte der Premierminister an.
Der polnische Düngerhersteller Grupa Azoty betonte in einer Pressemitteilung, dass die Versorgung des polnischen Marktes für ihn Vorrang vor dem Export habe. Deshalb werde man im Ausland ab sofort nur noch bestehende Lieferverträge bedienen und die frei werdenden Mengen auf den Inlandsmarkt umlenken. Eigenen Angaben zufolge ist Grupa Azoty eines der wenigen Unternehmen in Europa, das seine Düngerproduktion trotz der extrem gestiegenen Gaspreise bisher nicht deutlich gedrosselt hat.
Im Vereinigten Königreich hat die Kohlendioxidindustrie inzwischen eine Vereinbarung getroffen, um sicherzustellen, dass britische Unternehmen weiterhin mit CO2 versorgt werden können. Wie das Wirtschaftsministerium Mitte Oktober mitteilte, erklärten sich die CO2-Lieferanten bereit, dem Düngemittelunternehmen CF Fertilisers einen höheren Preis für das bei der Düngemittelherstellung als Nebenprodukt entstehende Kohlendioxid zu zahlen.
Auf diese Weise solle sichergestellt werden, dass CF Fertilisers seine Tätigkeit weiterhin fortsetze. Das US-amerikanische Unternehmen produziert rund 60 % des kommerziellen CO2 im Vereinigten Königreich. Im September hatte das Wirtschaftsministerium eine Sondervereinbarung mit dem Unternehmen getroffen und damit eine Schließung der zwei größten Düngemittelfabriken des Landes „auf unbestimmte Zeit“ abgewendet. Mit Material von AgE