Brüssel will künftig per Satellit überwachen, ob sich Europas Landwirte an die EU-Vorgaben für die Flächenförderungen halten. In Österreich ist das System bereits im Einsatz.
Die Einhaltung der Förderkriterien, Verpflichtungen und sonstigen Auflagen im Rahmen der EU-Agrarförderung für landwirtschaftliche Flächen werden regelmäßig vor Ort überprüft. Stimmen die Flächenangaben, sind die angegebenen Feldfrüchte korrekt oder findet die Mahd zum richtigen Zeitpunkt statt, um beispielsweise die Bodenbrüter noch besser zu schützen? Bislang hat die Agrarmarkt Austria stichprobenartig kontrolliert.
Jetzt bieten auch in Österreich zwei Firmen ( Geo Ville in Innsbrug und EOX in Wien) die automatisierte Auswertung von Satellitendaten an. „Damit können viele Vor-Ort-Kontrollen entfallen“, hebt Christian Hoffmann, Geschäftsführer der GeoVille Informationssysteme und Datenverarbeitung GmbH in einem Bericht im Ö1 Journal hervor. Das neue System greift auf Daten der Satelliten Sentinel 1 und 2 zurück. Die Satellitenbilder werden von der Europäischen Weltraumorganisation zur Verfügung gestellt. Das neu entwickelte Computerprogramm vergleicht mittels künstlicher Intelligenz automatisch die Angaben der Bauern mit den Satellitenbildern, sprich ob ein Landwirt z.B. die GAP-Förderungen für den Weizenanbau erhält und auch wirklich Weizen angebaut hat und nicht etwa Raps.
Hoffmann im Ö1-Journal: „Die technische Herausforderung ist es im Moment, 100 % aller Flächen alle drei Tage auf Einhaltung von Fördervoraussetzungen, Auflagen und Verpflichtungen zu kontrollieren.“ Die Auswertung der Satellitenbilder erfolgt anhand eines Ampelsystems: Grün bedeutet, dass die angegebenen Pflanzen auch wirklich auf dem Feld wachsen. Ist die Ampel rot, wird bei den Betrieben nachgefragt. Sie haben dann 14 Tage Zeit zu beweisen, dass sie die EU-Gelder zu Recht bekommen haben. Dafür müssen sie ein Foto von ihren Flächen machen und dieses dann mittels einer eigenen App an die Behörden schicken. Da die Bilder mit Standortdaten versehen sind, kann überprüft werden, ob das Foto wirklich am angegebenen Ort aufgenommen wurde, heißt es in dem Morgenmagazin weiter.
Allerdings sind Experten skeptisch, ob das neue System die Qualität einer vor Ort-Kontrolle erreichen kann. Dazu wird der Datenschutz-Experte Thomas Lohninger von Epicenter Works zitiert: „Das wird man nie mit einer 100 %igen Sicherheit hinbekommen. Und wenn dann auf das Smartphone und die Fotos von den Betroffenen zurückgegriffen wird, dann gibt es in jedem Fall Fälschungspotenziale. Außerdem müsse darauf geachtet werden, dass nicht alle Bäuerinnen und Bauern Smartphones haben und dadurch die neue Kontroll-App nicht nutzen können.“ Epicenter Works ist eine Plattform für Grundrechtspolitik, die sich vor allem Fragen des Datenschutzes und der Überwachung widmet.
Und viele Landwirte sehen in dem neuen Kontrollsystem oder auch den schon seit September 2022 im Internet verfügbaren Agraratlas und Agrar- Geodatenportal die Gefahr einer totalen Überwachung.