Ein Gesetzentwurf der italienischen Regierung „künstliche Lebensmittel“ zu verbieten, sorgte diese Woche weltweit für Aufsehen. Es wäre das erste Verbot seiner Art für sogenanntes Laborfleisch. Doch was würde so ein Verbot in der Praxis bedeuten? Eine Analyse.
Eine halbe Million Unterschriften gegen die Herstellung und den Verkauf künstlicher Lebensmittel hat ein Bündnis rund um den talienischen Bauernverband Coldiretti in diesem Jahr gesammelt und an die italienische Regierung übergeben, Zu den prominenten Unterzeichnern gehört auch Premierministerin Giorgia Meloni. In der Folge hat die italienische Regierung am 28. März einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die „Herstellung und das Inverkehrbringen von synthetischen Lebens- und Futtermitteln“ verbieten soll.
Die Kritiker von künstlichem Fleisch rund um den italienischen Bauernverband Coldiretti verweisen auf die Lebensmittelprüfung von Fleisch aus im Bioreaktor gezüchteten Hähnchen-Zellkulturen. Die US-amerikanische Lebensmittelbehörde FDA hat diese im November vergangenen Jahres als unbedenklich eingeschätzt. Eine volle Zulassung als Lebensmittel ist das noch nicht, allerdings ist damit in naher Zukunft zu rechnen.
Coldiretti warnt, dass bereits in diesem Jahr auch in der EU erste Zulassungsanträge für künstliche Lebensmittel eingereicht werden könnten – nicht nur für Fleisch, sondern auch für Milchprodukte oder Fisch. Der Bauernverband kritisiert den Versuch, „natürliche Essstile zu ändern“. Die so hergestellten Produkte würden mehr Wasser und Energie verbrauchen, als traditionelle landwirtschaftliche Produkte, unberechenbare Gefahren durch den Einsatz von Chemikalien bergen und würden überdies von großen, multinationalen Unternehmen kontrolliert.
Der italienische Gesetzentwurf sieht laut Landwirtschaftsministerium ein Verbot vor, synthetische Futter- und Lebensmittel herzustellen oder zu vertreiben. Das soll auch für Einfuhren nach Italien gelten. Als künstliche Lebensmittel wird definiert, was „aus Zellkulturen oder Geweben von Wirbeltieren besteht, isoliert oder hergestellt wurde“. Verstöße sollen mit bis zu 10 % des Jahresumsatzes des Unternehmens in dem Jahr geahndet werden, das dem Verstoß vorausging. Das Landwirtschaftsministerium beruft sich in seiner Begründung des Verbots auf das Vorsorgeprinzip, sowie auf das fehlen klarer EU-Vorgaben für das Inverkehrbringen von Laborfleisch und anderen künstlichen Lebensmitteln.
Noch gibt es für keine Art von Laborfleisch eine Zulassung in der EU. Auszuschließen ist diese jedoch nicht. Im Januar 2023 hat die EFSA bereits vier Insektenarten als Lebensmittel erlaubt. Die italienische Regierung kritisierte das damals, musste sich aber der Entscheidung beugen. Die Marktzulassung von künstlich hergestelltem Fleisch wäre allerdings auch für die EFSA ein großer Schritt: Aktuell hat weltweit nur ein Land, Singapur, einen Typ von Hühnerfleisch aus dem Bioreaktor zugelassen . Um eine Zulassung als Lebensmittel in der EU zu erhalten, müssen 55 % der EFSA-Mitglieder mit mindestens 65 % der EU-Bevölkerung ihr zustimmen.