Die Spanier das Maß aller , im Schweinebereich
Die iberische Eichelmast und den hohen Anteil integrierter Produktion. Was bedeutet das für den Markt?
Garantierte 13 € pro abgesetztem Ferkel und 15 € pro gemästetem Schwein – ganz ohne Tier- und Futterkosten? Weil das so verlockend klingt, vermarkten nur etwa 11 % der spanischen Schweinehalter ihre Tiere selbstständig. Rund 15 % sind in Genossenschaften organisiert.
Knapp drei Viertel der Betriebe gehören zu einem integrierten System, das die gesamte Wertschöpfungskette abdeckt – Tendenz steigend. Diese Zahlen präsentierte Miguel Angel Higuera vom nationalen Verband der Schweineproduzenten Anprogapor kürzlich beim Kongress der Europäischen Schweineproduzenten (EPP).
Unternehmen bieten spanischen Landwirten folgendes Geschäftsmodell an: Neben Tieren und Futter stellen sie Tierarzt, Impfungen, Medikamente. Hinzu kommen Beratung sowie Urlaubs- und Krankheitsvertretung. Der Viehhalter kümmert sich einzig und allein um die Produktion. Er stellt den Stall, seine Arbeitskraft, Strom und Wasser. Zum vereinbarten Betrag pro Tier kommt je nach Futterverwertung, Verlusten oder Antibiotikaverbrauch noch ein Bonus.
Auf der Kehrseite ist der Landwirt an den Vertrag gebunden. Er erhält den vereinbarten Pauschalpreis.
Der größte Schweinefleischproduzent Spaniens ist der Integrator Vall Companies. Das Unternehmen deckt die gesamte Produktionskette ab – von der Zucht über das Futter bis hin zum Fleischverkauf. Nach eigenen Angaben hat es 1577 Schweinebetriebe unter Vertrag, produziert damit mehr als 5 Mio. Tiere und 481 000 t Fleisch pro Jahr.
Auf besonders hochwertige Produkte hat sich die Genossenschaft Covap aus Südspanien spezialisiert. Hier sind 2500 Viehalter organisiert, davon 300 Schweinefarmen mit Ibéricos. Die Rasse ist typisch für die iberische Halbinsel und macht etwa 6 % der landesweiten Produktion aus. Der Umsatz ist mehr als doppelt so hoch.
In der Saison von November bis Februar ernähren sich die iberischen Schweine von Korkeicheln und dem, was auf ihrer Weide wächst. Dabei steht jedem Tier im Schnitt 1 ha Fläche zur Verfügung. Das soll dem Fleisch seine Marmorierung und einen nussigen Geschmack verleihen.
Nach 14 Monaten wiegen die Schweine 145 bis 160 kg und sind schlachtreif. Tiere, die außerhalb der Saison aufwachsen, werden mit Getreide zugefüttert oder als Spanferkel verkauft.
Der Onlineshop und die kürzlich eröffnete Tapasbar der Genossenschaft Covap bieten in den Wintermonaten einen Livestream zur Weide. Über Google Maps lässt sich jedes Stück Fleisch zurückverfolgen. Per Etikett erfahren Verbraucher außerdem, was das Tier gefressen hat. Den teuersten 8-kg-Schinken verkauft Covap im Internet für fast 500 €. Im Schnitt koste das Fleisch rund 49 €/kg, verriet Asien- und Afrika-Manager Pedro Salado García auf dem EPP-Kongress. Auch für die fettigeren Teilstücke gebe es genug Abnehmer in Asien, versicherte er.
Seit 1995 gilt Spanien als frei von Afrikanischer Schweinepest. Darauf folgte ein starkes Wachstum inklusive Export – vor allem in die EU. Die meisten Schweine leben im Nordosten des Landes. Durchschnittlich werden 710 Tiere pro Betrieb gehalten – deutlich mehr als in Deutschland. Aktuell produziert Spanien etwa doppelt so viel Fleisch wie das Land selbst braucht. Die Viehdichte liegt allerdings unterhalb des EU-Durchschnitts. Spitzenreiter sind hier Dänemark, Belgien und die Niederlande. Bei der Produktion hat Spanien innerhalb Europas weiterhin die Nase vorn. 2021 waren es 5,18 Mio. t Schweinefleisch. Im vergangenen Jahr geriet der Aufwärtstrend allerdings ins Stocken.
Für 2023 erwartet der Verband Anprogapor gut 2 % weniger Schweinefleischproduktion im Vergleich zu 2022. Der Rückgang sei auf verschiedene Aspekte zurückzuführen. Aufgrund der Marktsituation verringerte sich 2021 und 2022 der Sauenbestand. Rund 1,92 Mio. konventionelle Sauen gab es Ende Dezember im ganzen Land.
Auch das Verbot von Zinkoxid, der verringerte Antibiotika-Einsatz und die neuen PRRS-Varianten sind jetzt deutlich zu spüren. In Spanien gibt es derzeit etwa vier hochpathogene Stämme des PRRS-Virus. Auch die ASP nimmt Spanien als deutliche Bedrohung wahr, zum Beispiel aufgrund von Ferkelimporten.
Seit Jahresbeginn hat es in Barcelona nur knapp 122 l/m² geregnet, in Málaga im Süden des Landes gut 138 mm. Zum Vergleich: In Münster war es fast dreimal so viel.
Somit ist Dürre in Spanien ein enormes Problem und ein sinkender Wasserverbrauch ein wichtiges Nachhaltigkeitsziel. Um die vorhandenen Ressourcen sinnvoll zu nutzen, müssen hydrographische Verbände jede Wasserentnahme absegnen – auch beim eigenen Brunnen. Für Viehalter ist der Wasserverbrauch – in Abhängigkeit von der Tierzahl – Teil des Bauantrags. Doch auch mit Genehmigung können Landwirte Probleme bekommen, je nach Kapazität der Reserven. Oft wird Wasser in Lagunen gesammelt, die aus Brunnen, Flüssen, Kanälen und Regen gespeist werden.
Auch die Produktionskosten sind Higuera zufolge gestiegen. Waren es 2018 noch 1,06 € pro kg Lebendgewicht, kamen 2022 schon 1,56 € zusammen. Hauptkostentreiber: Das Futter. „Spanien ist kein guter Getreideproduzent“, gab der Experte zu bedenken. An deutsche Erträge kämen nur die besten Felder im Norden heran. 45 % des Getreides würden importiert, großteils aus der Ukraine.
Maximal 720 Vieheinheiten pro Betrieb sind erlaubt. Das können beispielsweise 750 Sauen im geschlossenen System oder 6000 Mastschweine sein. Einzelne Regionen können je nach Viehdichte bis zu 20 % mehr Tiere aufstallen.
Aktuell müssen spanische Schweinehalter in der Endmast 0,65 m² Platz pro Tier vorweisen. Ab März 2025 sind es 0,74 m². Wer bisher 2000 Mastplätze hatte, kann so in zwei Jahren nur noch rund 1750 Schweine halten. Auf ganz Spanien gerechnet würden jährlich etwa 4 Mio. Schweine fehlen, schätzt Miguel Higuera. Allein dadurch verliere der Sektor rund 600 Mio. € Umsatz pro Jahr.
Bis 2030 erwartet Anprogapor auch für Spanien eine Art Tierwohllabeling, Bestrebungen zu mehr Nachhaltigkeit und eine weitere Antibiotikareduktion. Auf der anderen Seite erhoffen sie sich eine ASP-Regionalisierung und weitere Exportmöglichkeiten.