Weltweit sind Böden in Gefahr. Experten warnen deswegen vor dem Verlust dieser Grundlage für Landwirtschaft. Doch was ist dran? Ist es Panikmache oder Zeit, sich Sorgen zu machen?
30 Jahre ist nicht mehr so lange hin. Dann soll Schluss sein mit dem Boden und seiner Fruchtbarkeit. Dann bekommen wir ein ernstes Problem damit, alle Menschen ausreichend zu ernähren. So warnt die FAO, so warnen immer wieder Wissenschaftler und Umweltschützer.
Landwirtschaft habe einen großen Anteil daran, heißt es im selben Atemzug. Doch bei Licht betrachtet, sind wir vom Ende des Ackerbaus wohl noch ein Stück entfernt. Das bedeutet allerdings nicht, dass alles gut wäre. Es ist notwendig, mit der Ressource Boden verantwortungsbewusst umzugehen.
Bleibt die Frage, wie es zu der Einschätzung der FAO kommt. Damit einher geht der Begriff des Peak Soil. Der besagt, dass eine Ressource bis zu einem bestimmten Punkt, dem Peak, maximal genutzt werden kann. Aber danach geht es unweigerlich und zügig mit der Ressource bergab. Sie geht zur Neige. Es gibt den Peak Oil, den Peak Phosphor und eben den Peak Soil. Die Ressource Boden hätte die Menschheit bereits gerade auch durch Landwirtschaft an den Rand der Nutzbarkeit gebracht.
Boden gilt als endlich, weil Bodenbildungsprozesse sehr lange Zeit brauchen. Im Schnitt dauert es zwischen 100 und 300 Jahren, bis sich ein Zentimeter fruchtbaren Bodens entwickelt hat. Demgegenüber stehen Prozesse, die den Boden erodieren lassen. Oder ihn auf andere Art und Weise unfruchtbar machen, etwa durch Versalzung oder den Eintrag von Mikroplastik oder Umweltgiften. Schließlich schwindet der Boden noch durch Wassermangel und die Versiegelung der Landschaft
Global kommt da eine ganze Menge zusammen. Von 24 Milliarden Tonnen Verlust ist da die Rede, gut drei Tonnen pro Erdenbürger. Der Rest ist Mathematik. Laut Statista machten alle Agrarflächen auf der Erde im Jahr 2020 gut 4,7 Milliarden Hektar aus. Davon waren 1,6 Milliarden Hektar Ackerland. 3,2 Milliarden Hektar dienten als Weidefläche. Gut 10 Millionen Hektar verschwinden pro Jahr. Das würde zumindest rechnerisch einen Zeithorizont von 470 Jahren ausmachen.
Aber es ist komplexer. Denn Böden schwinden nicht mit einem Knalleffekt, sondern eher schleichend. Und auch nicht überall im gleichen Maße. So sollen in Afrika bis Ende des Jahrhunderts 36 Prozent der Böden von Erosion betroffen sein. Im globalen Mittel sind es lediglich 14 Prozent.
Zentral ist dabei die immer noch wachsende Zahl an Menschen. Acht Milliarden wollen jetzt ernährt sein und zehn Milliarden könnten es noch werden. Das mehrt den Druck auf die Produktivität der Flächen. Zudem leben immer mehr Menschen in Städten. Über 150 Millionen Hektar sollen bis 2030 von Metropolen zusätzlich verschlungen sein.
Hinzu kommt das Thema Wasser. Weltweit sinken die Grundwasserspiegel. Steigende Temperaturen und fehlende Niederschläge verschärfen das Thema. Selbst Europa ist davon mehr und mehr betroffen.
Doch künstliche Bewässerung, wo sie denn möglich ist, birgt Gefahren mit sich. Schlecht gemacht, können solche Böden durch aufsteigendes Wasser und ausgeschwemmte Mineralien versalzen. 62 Millionen Hektar droht das aktuell. Wie endgültig das sein kann, zeigt eine Tontafel aus Mesopotamien. Vor 4350 Jahren beklagte man das Problem der Versalzung durch Bewässerungsfeldbau. Viele Regionen des Zweistromlandes sind seit damals unfruchtbar geblieben.
Zieht man diese Bodenkrise mit der Klimakrise und dem weltweiten Artensterben zusammen, könnte einem Angst und Bange werden. Sollte es sogar. Doch wenn der Weltuntergang ein festes Datum bekommt, hilft das der Sache nicht weiter.
Damit steht der Zeitraum von 30 Jahren zumindest in Frage. Zumal die Botschaft zuerst vor gut zehn Jahren in Umlauf kam. Danach hätten wir sogar nur mehr 20 Jahre … Unterm Strich ist es dennoch in aller Interesse, Böden pfleglich zu behandeln und mit der Ressource sorgsam umzugehen. Landwirte tun das bereits, sicher nicht überall, sicher nicht perfekt, aber immerhin betrifft es ihre Lebensgrundlage unmittelbar. Und längst sind bodenschonende Techniken im Einsatz. Das beginnt beim Verdunstungs- und Erosionsschutz durch Zwischenfrüchte und geht bis zum klugen und sparsamen Einsatz von Pflanzenschutz.
Ich denke, dass Landwirte auch noch in 30 Jahren Ernten einfahren werden – zum Glück!
Doch das sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Planet unter unserem Leben ächzt. Jede Maßnahme, die wir zum Bodenschutz, zum Klima- und Artenschutz umsetzen, kommt am Ende uns zugute. Übrigens haben Wissenschaftler des Massachusetts Institute of Technology bereits 1972 berechnet, dass die Gesellschaft im Jahr 2040 zusammenbrechen wird. Und, nein, Landwirte sollen nicht Schuld sein.