Klimawandel und Überbevölkerung verändern die Lebensmittelproduktion – und damit auch unsere Ernährung. Welche neuen Nahrungsmittel es 2050 geben wird, wo wir dann noch anbauen können und was Quallen mit dem Thema zu tun haben.
Im Jahr 2050 werden knapp zehn Milliarden Menschen auf der Erde leben – der Großteil von ihnen im urbanen Raum. Die Sommer könnten über 40 Grad Celsius heiß werden und die meisten Äcker aufgrund des Klimawandels nicht mehr bewirtschaftbar sein, heißt es in den Extremszenarien vieler Forschungsprojekte.
Was werden wir also in knapp 30 Jahren essen? Wie wird der Anbau von Nahrungsmitteln aussehen? Und wird es noch um Genuss gehen – oder nur darum, möglichst viele Menschen satt zu bekommen? Fragen wie diese bestimmen bereits jetzt den Alltag diverser Forschungsteams. Sie entwickeln schon heute die Menüs von morgen und testen neue Anbaumöglichkeiten.
Wie man mitten in der Stadt Landwirtschaft betreiben kann und ob uns bald ein 3D-Drucker bekochen wird – Einblicke in die derzeitige Forschung.
Produziert wird dabei in modularen, abgeschlossenen Kompartimenten – indoor und ohne natürliches Licht. Die einzelnen Module bestehen aus neuen Leichtbaumaterialien wie naturfaserverstärkten, biologisch abbaubaren Polymeren. Integrierte LED-Technik sorgt dafür, dass Pflanzen oder andere essbare Organismen optimal mit Licht versorgt werden – angepasst an das jeweilige Produktionsziel.
„Die im Projekt untersuchten Organismen kommen zudem mit wenig bis gar keinem Frischwasser aus“, erklärt Monika Schreiner, Koordinatorin des food4future-Projekts. Es handelt sich bei ihnen unter anderem um sogenannte Halophyten – Pflanzen, die auf salzigen Böden wachsen – oder um Insekten wie Grillen, die ebenfalls wenig Wasser benötigen.
Ein Praxisbeispiel für die Landwirtschaft im U-Bahn-Tunnel gibt es bereits: In London befindet sich 33 Meter unter der Erde die erste Untergrund-Farm der Welt. In Deutschland soll das food4future-Konzept im kleinen Rahmen getestet werden: In Zusammenarbeit mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Berlin sowie diversen Expert*innen aus dem Bereich Stadtplanung und Architektur soll der HTW-Campus zum Smart Food Campus werden. „Als Vorbild – damit irgendwann das Smart Food Stadtviertel oder ganze Smart Food Cities entstehen können“, sagt Monika Schreiner.
Schon in wenigen Jahren könnten aufgrund der alternativen Anbaubedingungen ganz neue Lebensmittel auf unseren Speiseplänen stehen: Algen, Halophyten, Grillen und Quallen sind potenzielle Kandidaten, die im food4future-Projekt testweise auf dem Teller landen. Ihr Verzehr wäre nicht nur gesund für die Menschheit, sondern auch für den Planeten.
azu entwickelt das Projektteam ganze Gerichte. Rezepte für Spaghetti mit Pesto aus Queller – einer Halophyten-Pflanze, die auch als Meeresspargel bezeichnet wird – oder frittierten Meersalat im Teigmantel gibt es schon jetzt zum Nachkochen. Auch in einem Smoothie lassen sich Halophyten gemeinsam mit Obst und Gemüse verarbeiten. „Nur der salzige Geschmack ist ein kleiner Bruch mit den Gewohnheiten“, sagt Vogt.
Auch die künstliche Herstellung von Nahrungsmitteln entwickelt sich kontinuierlich weiter. So könnten 3D-Drucker vielleicht schon bald Einzug in die Küche erhalten. In einer Studie aus dem März 2023 erklärt ein US-amerikanisches Forschungsteam unter der Leitung von Jonathan Blutinger von der Columbia University in New York: „Laserkochen und der 3D-Druck von Lebensmitteln könnten zukünftig eine durchaus nahrhafte, praktische und kostengünstige Möglichkeit darstellen.“
Die Forschenden konnten mithilfe eines 3D-Druckers bereits einen Käsekuchen aus sieben verschiedenen Zutaten backen – ein Rekord. Dazu füllten sie alle Zutaten einzeln in die Spritzen des 3D-Druckers und trugen die Schichten des Kuchens nach und nach auf. Das Ergebnis lässt sich sehen: Das gedruckte Tortenstück ähnelt seinen herkömmlich gebackenen Vorbildern.
Auch die Produktion von Fleisch könnte künftig eher im Labor als auf der Wiese stattfinden. In-vitro Fleisch, das aus tierischen Stammzellen im Labor gezüchtet wird, ist in Asien und den USA teilweise schon auf dem Markt angekommen. Für den Fleischgenuss müssen keine Tiere mehr sterben und die Umweltbilanz ist besser als bei den natürlich gezüchteten Varianten.
Noch einen Schritt weiter geht ein Forschungsteam der australischen Firma Vow: Sie produzieren in ihren Laboren Fleischbällchen – aus Mammutfleisch. Mithilfe 10.000 Jahre alter DNA züchten die Forschenden das Fleisch des längst ausgestorbenen Steinzeitriesen und bringen damit die Nahrung unserer Vorfahren zurück auf den Teller. In Zukunft probieren, wie die Vergangenheit geschmeckt hat – durch modernste Technik soll das bald möglich sein.
Sicher ist bei aller Forschung jedoch, dass es am Ende auch um Genuss geht: „Keine dieser Innovationen wird Eingang finden – weder auf den Markt, noch in die Gesellschaft –, wenn sie nicht schmecken. Es darf kein Ekelfaktor oder ein anderes Akzeptanzproblem entstehen“, sagt Schreiner vom food4future-Projekt.
Was sich nach ferner Zukunft anfühlt, ist gar nicht mehr weit weg. „Einige dieser Zukunftsvisionen haben bereits begonnen“, sagt Schreiner. Das sehe man an aktuellen Food Trends: In Sushi steckten bereits Makroalgen und auch Insektenproteine seien schon in Lebensmitteln enthalten- zum Beispiel in Proteinriegeln, Burgerpatties oder Brot..
Sicher ist: Unsere Ernährungsweise wird langfristig darüber entscheiden, wie wir die Herausforderungen der Zukunft – unter anderem Klimawandel und Überbevölkerung – meistern werden. „Mit dem, was wir heute auf dem Teller haben, entscheiden wir, wie unsere Zukunft und die der künftigen Generationen aussehen wird.“