Die Borchert-Kommission stellt aus Frust ihre Arbeit ein. Beteiligte werfen Cem Özdemir und seiner Vorgängerin Julia Klöckner Politikversagen vor.
Das 2019 eingerichtete Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung, die sogenannte Borchert-Kommission, hat heute offiziell ihre Arbeit eingestellt. Offen ist, ob sich Bundesagrarminister Özdemir einen neuen Expertenkreise sucht, in dem weniger kritische Mitglieder als in der bisherigen Borchert-Kommission sitzen.
Viele Kommissionsmitglieder waren am Ende gefrustet, hört man aus Teilnehmerkreisen. Vor allem weil bei der Finanzierung für den Umbau der Tierhaltung zu wenig voranging. So sichere die derzeitige Finanzierung nur Mitnahmeeffekte für Tierhalter, die bereits die höheren Auflagen erfüllten, aber sorge nicht dafür, neue Tierhalter zum Umstellen zu bewegen.
So müssen Zuchtsauenhalter im kommenden Jahr erklären, ob sie ihren Kastenstand umbauen wollen. Auch Betriebe mit einer ganzjährigen Anbindehaltung warten händeringend auf klar Signale, wie sie den Umbau ihrer Ställe finanzieren können, wenn Özdemir plant diese Haltungsform in fünf Jahren zu verbieten.
Die Mehrheit der Mitglieder wollte daher nicht mehr als „Feigenblatt“ für Özdemirs Pläne fungieren, heißt es aus Teilnehmerkreisen.
Zusätzlich für Verärgerung sorgte auch jüngst die Nachricht, dass der Bund das Bundesprogramm Nutztierhaltung aufgrund der Haushaltskürzungen einstellen will. Damit fehlen auch in Bayern für viele Forschungsvorhaben zu neuen Tierwohlställen zum Beispiel in Schwarzenau oder Grub finanzielle Mittel.
Letztendlich waren die kleinen Schritte der Bundesregierung beim Bau- und Umweltrecht sowie bei der Haltungskennzeichnung zu gering. „Sie geben den landwirtschaftlichen Betrieben aber keine Grundlage für den Umbau. Auch dem Entwurf des Bundeshaushalts 2024 entnehme ich keine verlässliche Perspektive“, kritisiert Raiffeisenpräsident Franz-Josef Holzenkamp, der ebenfalls Mitglied der Borchert-Kommission war.
Das Ende der Kommission zeige die fehlende Bereitschaft insbesondere des Bundeslandwirtschaftsministeriums, einen klaren, praktikablen Weg für den Umbau der Nutztierhaltung vorzuzeichnen. Die Vorgängerregierung und nun auch die Ampelkoalition waren nicht in der Lage, sich ihrer großen Verantwortung zu stellen und den Nutztierstandort Deutschland zukunftssicher zu machen“, erklärt Friedrich-Otto Ripke, ZDG-Präsident und Mitglied der Borchert-Kommission.
Er erinnert daran, dass die Bundesregierung die einmalige Chance gehabt hätte, die zahlreichen guten und praktikablen Vorschläge umzusetzen, die die Borchert-Kommission in Jahren intensiver Arbeit konzipiert hatte und die gleichermaßen Tierschutz und Wirtschaftlichkeit berücksichtigen.
Nach Ansicht von Ripke gab es am Anfang dieser Legislaturperiode es eine noch nie dagewesene Möglichkeit, die deutsche Nutztierhaltung strategisch für die kommenden Jahrzehnte neu aufzustellen. Doch gesetzgeberisch sei fast nichts erreicht worden, das wirklichen Fortschritt bedeutet hätte. „Das ist für mich am Ende Politikversagen,“ kritisiert der ZDG-Präsident.