Lässt sich der Zucker eines Bakteriums so formulieren, dass er Glyphosat nachhaltig ersetzt? Erste Versuche stimmen Forscher optimistisch. Einzig die Formulierung ist noch schwierig.
Bei zunehmenden Beschränkungen für chemische Präparate wächst der Bedarf an natürlichen Wirkstoffen. Das zeigt das Beispiel Glyphosat. Das Totalherbizid ist aktuell global und in Deutschland das am meisten verwendete Herbizid. Gesucht werden ökologisch verträgliche Alternativen. Ein möglicher Kandidat ist 7dSH.
7dSh heißt Desoxy-Sedoheptulose und ist ein natürlicher Zucker, der vom Bakterium Synechococcus elongatus erzeugt wird. Bisher zeigt er keine ökotoxikologischen Nebenwirkungen, hemmt aber ein Schlüsselenzym, analog zu Glyphosat.
Erste Studien zur Wirksamkeit sind vielversprechend, so die Forscher auf der 63. Deutschen Pflanzenschutztagung Ende September 2023 am Julius Kühn-Institut (JKI) mit dem Motto: „Pflanzenschutz morgen – Transformation durch Wissenschaft“. Die Wissenschaftler zeigen, dass sich 7dSh im Labor als Auflaufherbizid nutzen lässt.
Das berichten Celina Beermann, Desiree Jakobs-Schönwandt und Anant Patel von der Fachhochschule Bielefeld vom Institut für Angewandte Materialforschung, Arbeitsgemeinschaft Fermentation und Formulierung von Zellen und Wirkstoffen, sowie Marvin Braun und Klaus Harter von der Universität Tübingen, Zentrum für Molekularbiologie der Pflanzen.
Bislang konnten sie aber noch keine wirksame Formulierung für 7dSh entwickeln. Unformuliert ist das kleine wasserliebende Molekül im Boden sehr mobil und kurzlebig. Die Wissenschaftler wollen nun ein Granulat entwickeln oder eine sprühfähige Formulierung.
Eine Herausforderung für die Formulierung ist es, den Zucker über die Zeit gesteuert freizusetzen, so dass die Konzentration im Boden über einem Schwellenwert liegt und auch wirkt. Erste biologisch abbaubare Kapseln aus Polyestern versprechen dabei Erfolg. Weitere Materialien und Verkapselungsmethoden für den Zucker werden ebenso erforscht wie eine Sprühanwendung.
Auch Bayer Crop Science entwickelt einen Nachfolger für Glyphosat. „Nur dass es damit noch ein bisschen länger dauern wird, als der Koalitionsvertrag erlaubt“, schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAC).
Das neue Herbizid aus dem Labor wird zurzeit in Feldversuchen getestet. „Demnächst soll der erste Zulassungsantrag gestellt werden“, so Frank Terhorst, Leiter der Sparte Strategie und Nachhaltigkeit und Mitglied im Exekutivkommittee der Division Pflanzenschutz. 2028 könnte es am Markt sein.
Ebenfalls ein neues Unkrautbekämpfungsmittel mit einem vollkommen neuen Wirkmechanismus seit rund 30 Jahren will BASF auf den Markt bringen. Der Wirkstoff Cinmethylin im Herbizid Luximo ist in England bereits auf den Markt und auch für Deutschland beantragt. von Karl Bockholt