Er hat Kunststoff aus Lupinen erfunden: Umweltfreundliches Bio-Plastik

Wissenschaftler der TU München arbeiten an Biokunststoffen, die sich unter normalen Umweltbedingungen zersetzen.

Das Meer spült einen leeren Joghurtbecher an den Strand. Olympia 1976 steht darauf. Über vier Jahrzehnte ist der Becher alt und zeigt doch kaum Anzeichen von Zersetzung. Damit ist klar: Plastik ist ein großes Problem für die Umwelt. Diese Szene verdeutlicht das immense Umweltproblem, das Kunststoffe darstellen. Besonders im Verpackungsbereich sind diese Abfälle allgegenwärtig, meist hergestellt aus fossilen Rohstoffen wie Erdöl. Die Auswirkungen auf die Umwelt sind schwer abzuschätzen, doch der Plastikmüll findet nicht nur seinen Weg in die Meere, sondern auch auf die Äcker. Doch was können wir dagegen unternehmen? Außer den Kunststoffverbrauch zu reduzieren?

Maximilian Maidl, ein wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Technischen Universität München, sucht nach Alternativen. Seine Doktorarbeit konzentriert sich auf die Entwicklung von Biokunststoffen aus natürlichen Molekülen, insbesondere auf biogene Polymere. Zusammen mit Prof. Dr. Cordt Zollfrank und Fred Eickmeyer von der Eskusa GmbH arbeitet er an einem Projekt, das vom Bayerischen Landwirtschaftsministerium unterstützt wird. Ihr Ziel ist es, umweltfreundliche Kunststoffe aus Lupinenprotein herzustellen, die sich unter normalen Umweltbedingungen abbauen lassen.

Proteine für Materialzwecke einzusetzen, ist nichts Neues: Leder zum Beispiel besteht zum großen Teil aus Proteinen. „Im Idealfall hat man einen Stoffkreislauf, in dem man mit einem nachwachsenden Rohstoff arbeitet und durch den biologischen Abbau diese Materialien in die Natur wieder zurückführt“, betont der Doktorand, „Wir haben uns auf die Lupine spezialisiert, aber grundsätzlich sind auch andere pflanzliche Proteine geeignet.“

Die Wahl fiel auf die Bitterlupine, die in Deutschland weniger verbreitet ist als die Süßlupine, jedoch für ihre höheren Alkaloid-Gehalte bekannt ist. Alkaloide zählen zu den sekundären Pflanzenwirkstoffen. Sie dienen der Pflanze unter anderem als Fressschutz. Bei zu hohen Dosierungen können Alkaloide schädlich sein, da sie zu den primär toxischen Pflanzenstoffen gehören. Dies macht die Bitterlupine weniger geeignet für den Lebensmittel- und Futtermittelbereich, aber umso interessanter für Maidls Forschung – zumal Lupinen auch aus pflanzenbaulicher Sicht viele Vorteile haben.

Im Labor bearbeitet Maidl die Lupinen, um deren Proteine zu isolieren und daraus Materialien wie Folien herzustellen. Der biologische Abbau dieser Kunststoffe ist ein zentraler Bestandteil des Projekts. Mit Hilfe von Respirometern beobachtet Maidl den Abbau anhand der CO2-Konzentration, die durch den mikrobiellen Abbau des Substrats entsteht. Ein Respirometer misst kontinuierlich den Gasstoffwechsels von Mikroorganismen. Das Ergebnis ist vielversprechend: Nach nur 90 Tagen ist die Folie fast vollständig abgebaut. Doch je nach Anwendung können Zusatzstoffe den Abbau verlangsamen.

Neben der Verpackungsindustrie könnten die Biokunststoffe auch in der Landwirtschaft zum Einsatz kommen. Aus dem Material lassen sich im Zusammenspiel mit anderen Materialien wie Fasern zum Beispiel Mulchfolien herstellen.

Letztes Jahr experimentierte Maidl mit Saatgutumhüllungen aus Lupinenprotein: „Das kann man sich ähnlich vorstellen, wie die Gelatine-Kapseln für die Pharmaindustrie“, erklärt er. Die Lupinenalternative könnten sich als ideale Hülle für Feinsämereien erweisen. Maidl verwendete Löwenzahnsamen für seine Versuche, da das Unternehmen Eskusa diese für die Kautschukproduktion züchtet. Die Zugabe von Glycerin zur Proteinlösung beeinflusste jedoch den biologischen Abbau stark und führte zu zeitlichen Problemen bei der Keimung der Samen.

In den kommenden Monaten planen die Forscher, erste Demonstrationsprodukte herzustellen, darunter auch mit Naturfasern verstärkte Pflanztöpfe aus Biokunststoff. Damit möchten sie zeigen, welches Potenzial in biobasierten Materialien steckt. von Manuela Baxmann und Lara Sophie Richter