Das wünschen sich Bauern von der künftigen Regierung sonst gibt es bald keine Bauern mehr

Ihr Regierungsprogramm aus der Kompetenz der Betroffenheit stellte diese Woche die Agrargemeinschaft Österreich in Wien der Öffentlichkeit vor. Wir berichten, auf welchen Säulen dieses aufgebaut ist.

„Ich kann nicht über die Börse oder Bankgeschäfte reden, aber über das, was ich lebe und was ich mache – und das ist Landwirtschaft, darüber weiß ich Bescheid“, erklärte der GF der Agrargemeinschaft (AGÖ) Johann Konrad in seinen Eröffnungsworten. Der Milchbauer und Rindermäster aus Pfaffing in OÖ stellte gemeinsam mit Milchbäuerin Martina Mittermayr aus Andorf (OÖ) und Rindermäster Manfred Muhr aus Moosburg (Kärnten) in Wien bei einer Pressekonferenz das „Regierungsprogramm“ der AGÖ vor. Dieser gehören österreichweit 18.000 Mitglieder in etwa 80 WhatsApp-Gruppen an, in denen sich Bäuerinnen und Bauern zu den verschiedensten Themen fachlich austauschen.

Und rund 2.000 davon haben laut Martina Mittermayr an dem Regierungsprogramm mitgearbeitet. „Das Programm haben wir nicht für eine Partei erstellt, sondern wir haben versucht, mit diesem Regierungsprogramm ein Samenkorn zu säen. Und wir werden schauen, welche Partei sich dieses Regierungsprogramm zunutze macht, wo unsere Worte auf fruchtbaren Boden fallen.“

Weiters betonte Mittermayr: „Dieses Programm ist aus der Kompetenz der Betroffenheit entstanden, es kommt von Landwirten, die täglich daheim im Stall oder am Feld sind. Niemand kann genauer wissen, wo die Herausforderungen in der österreichischen Landwirtschaft liegen.“ Und noch etwas machte die Bäuerin klar: „Wir wollen auch mit diesem Programm dem Klischee entgegentreten, dass die AGÖ immer nur Forderungen stellt und keine Lösungen anbietet. Mit diesem Programm haben wir Lösungen im Angebot.

Welche das sind, erläuterte anschließend Manfred Muhr, ehemaliger Vizepräsident der LK Kärnten, der verantwortlich für den Inhalt zeichnet. Wie Muhr erklärte, sind in dem Regierungsprogramm insgesamt 54 Punkte abgebildet. Diese basieren auf drei wesentlichen Säulen:

  • Bürokratieabbau,
  • Einkommen steigern und Arbeitsplätze, Bauernhöfe auch in der Struktur erhalten,
  • ein faires Spielfeld schaffen, dass österreichische Standards auch für die Importware gelten.

Zu letztem Punkt nannte Muhr das Beispiel Vollspaltenböden in der Schweinehaltung. Hier sei es weniger um eine Lösung gegangen ist, sondern mehr um das Abtasten von ideologischen Vorstellungen. Mit einem Wink an die burgenländische Landesregierung meinte Muhr, dass „es bis jetzt noch keine Lösung gibt zum Thema der Vollspaltenhaltung. Damit hängen die österreichischen Schweinehalter, die eh immer weniger werden, jetzt ab Juni nächsten Jahres komplett in der Luft.“ Da könne man nur hoffen, dass es mit der neuen Regierung eine dementsprechende Lösung gebe. Aber auch wenn man sich das Verbot im Jahr 2035 einige, ändere dies nichts am Umstand, dass „der Import von Schweinefleisch, sogar von Lebendtieren aus dieser Haltung, sehr wohl erlaubt ist. Und das hat mit Fairplay nichts zu tun.“ Muhr weiter: „Unser Zugang dazu lautet: Entweder ermöglicht man es heimischen Bauern nach europäischen Standards zu produzieren, oder unsere Standards müssen auch für die Importware gelten.“

Da Österreich laut einem Rechnungshofbericht als Folge der Corona-Pandemie schlecht auf Lieferengpässe vorbereitet gewesen sei, regte Muhr eine sogenannte Bauernmilliarde für Österreich an, die über den gesamten GAP-Zeitraum aufgeteilt werden solle. Speziell für Bereiche, bei denen Österreich massiv unterversorgt sei, sollten besondere Investitionsmaßnahmen möglich gemacht werden. Dazu zähle z.B. Geflügel, Fisch oder Gemüse. Hier sollte mit höheren Investitionsmaßnahmen gegengesteuert werden, um krisenresistenter und auch weniger abhängig von Importen aus dem europäischen oder teilweise auch aus dem internationalen Ausland zu werden.

Weiters sprach Muhr das Thema Herkunftskennzeichnung an. Hierzu gebe es eine klare Forderung von Seiten der Land- und Forstwirtschaft. „Aber auch mehr als 80 % der Konsumenten wollen eine klare durchgehende Herkunftskennzeichnung, auch in der Gastronomie“, erklärte Muhr. Deshalb bleibe diese Forderung nach einer allumfänglichen Herkunftskennzeichnung aufrecht, für verarbeitete Lebensmittel und natürlich auch dementsprechend Gastronomie.

Zum Bürokratieabbau meinte Muhr: „Wir haben leider eine zweifelhafte Auszeichnung erhalten. Österreichs Bauern sind die mit Abstand bestkontrollierte Berufsgruppe, die es überhaupt gibt auf dem Planeten. Unsere Flächen werden mittlerweile alle drei Tage vom Satelliten überwacht.“ Und vor lauter Kontrollen und bürokratischen Aufwendungen komme man immer weniger zur eigentlichen Arbeit. Muhr: „Hier sollte eine Reset-Taste gedrückt werden: Künftig sollte mit einer Kontrolle pro Jahr das Auslangen gefunden werden.“ von Torsten Altmann