Die größte Freihandelszone der Welt nimmt Gestalt an, die Verhandlungen über einen Deal zwischen den Mercosur-Staaten und der EU sind nach fast 25 Jahren auf der Zielgraden. Die deutsche Industrie darf auf mehr Exporte hoffen. Und die Verbraucher auf niedrigere Preise in den Supermärkten.
Brüssel. Wenn Anfang Dezember auf dem Mercosur-Gipfel in Montevideo ein neues Freihandelsabkommen mit der EU besiegelt wird, könnte dies für Europa ein Weg aus der Wirtschaftskrise sein. Die Verhandlungen mit den fünf Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay und Venezuela befinden sich auf der Zielgeraden und EU-Diplomaten sind überzeugt, dass nach fast 25 Jahren der Gespräche nun ein Abkommen unterzeichnet werden kann. 90 Prozent der Zölle auf EU-Waren würden wegfallen, es entstünde die größte Freihandelszone der Welt mit 780 Millionen Einwohnern. Für sie sollen viele Produkte durch das Abkommen billiger werden.
Der Deal lässt sich auf eine einfache Formel bringen: Europa bekommt billiges Rind- und Geflügelfleisch, die Mercosur-Staaten kaufen dafür europäische Autos, Dünger und Pestizide. Außerdem wollen die EU-Staaten Chemikalien, Medikamente, Maschinen, Textilien, Schokolade und Whisky im großen Stil nach Südamerika verkaufen. Bisher werden dafür hohe Zölle fällig, die europäische Produkte teuer machen.
Innerhalb der EU würden vor allem Spanien, Portugal, Italien und die Niederlande vom Mercosur-Abkommen profitieren, so Lange. Aber auch für das stark exportabhängige Deutschland bieteMercosur „erhebliche Chancen“. Vor allem der Export von Autos, Autoteilen und Maschinen würde die deutsche Industrie stärken, auch Wein dürfte dann vermehrt in Südamerika verkauft werden. „Natürlich gilt die Zollsenkung auch umgekehrt, sodass beispielsweise Fruchtsäfte aus den Mercosur-Ländern sicherlich günstiger werden“, sagt Lange.
Billiges Rind- und Geflügelfleisch dürfte ebenfalls nach Europa kommen und hier die Preise voraussichtlich weiter drücken. So sollen den Plänen zufolge bis zu 99.000 Tonnen Rindfleisch zu einem sehr niedrigen Zollsatz in die EU exportiert werden dürfen. Schätzungen zufolge wären die Steaks und Rouladen 20 bis 30 Prozent günstiger als Fleisch aus Europa. Frankreich ist seit jeher erbitterter Gegner des Abkommens und fürchtet, dass die französischen Landwirte mit den niedrigen Preisen nicht mithalten können.
Die französische Landwirtschaftsministerin Annie Genevard führt auch gesundheitliche Bedenken im Zusammenhang mit hormonbehandeltem Fleisch an. „Wir wollen dieses Abkommen nicht, weil es schädlich ist“, sagte sie dem TV-Sender TF1. Die EU hat deutlich höhere Umwelt- und Gesundheitsstandards und macht strengere Vorgaben beim Einsatz von Hormonen, Wachstumsförderern und Medikamenten in der Landwirtschaft. Die französischen Einzelhandelsriesen Carrefour und Intermarché haben bereits angekündigt, kein Fleisch aus den Mercosur-Staaten zu verkaufen. Paris hatte bis zuletzt in anderen Hauptstädten um Mitstreiter für eine Sperrminorität geworben, für die mindestens vier Staaten nötig sind, die 35 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren. Doch bisher konnte Frankreich nur Polen auf seine Seite ziehen und wo bleibt ÖSTERREICH !!! von Seven Christian Schultz