In einem umkämpften Markt behauptet sich Steirerfleisch, Spezialist für Schweinefleisch, an der Spitze. Dafür sorgen auch die massiven Investitionen am Standort in den vergangenen fünf Jahren.
Um Größe, sagt Karoline Scheucher, gehe es nicht. „Sondern um Qualität. Wir sind stolz darauf, dass wir produzieren, was die Basis der Ernährung von tausenden Menschen ist.“ Verantwortung gegenüber Tier und Mensch „ist uns wichtig“. Rufzeichen.
Dennoch hat es Steirerfleisch – das Familienunternehmen mit Sitz in Wolfsberg im Schwarzautal wird von Scheucher und ihrem Mann Alois Strohmeier in zweiter Generation geführt – zu unübersehbarer Relevanz in Österreich und darüber hinaus gebracht. Mit der Übernahme von Jöbstl Bauerngut in Strass 2012 avancierte der Betrieb zum größten nationalen Vermarkter von Schweinefleisch.
Bei allen Lebensmittelketten sind die Produkte gelistet, bei Transgourmet und Metro, zudem werden alle namhaften Wurst- und Schinkenproduzenten beliefert. 2800 Tonnen Fleisch verarbeitet Steirerfleisch – pro Woche. 85 bis 90 Prozent davon stammen aus Österreich. Dass es nicht 100 Prozent sind, liege an der rückläufigen Schweineproduktion in Österreich. Die Zahl der geschlachteten Schweine sank von 5,4 Millionen Stück 2012 auf 4,7 Millionen 2023. Eine Auslastung des Werkes „auf nahezu 100 Prozent“ sei jedoch wirtschaftlich notwendig, „nur das sichert die Standorte langfristig“ ab. So konnte Steirerfleisch die Mengen heuer stabil halten – vor dem Hintergrund, dass es in der Schlacht- und Zerlegebranche zu einer Bereinigung gekommen ist. „Wir stehen auf einer sehr soliden Basis“, betont die Geschäftsführerin mit Blick auf den düster gewordenen Konjunkturhimmel. „Wir haben unsere Hausaufgaben gut erledigt und blicken mit unternehmerischer Vorsicht in die Zukunft.“
Dass sich der Fleischverzehr auf dem Rückzug befinde, stimme in der Dramatik nicht, bemerkt Scheucher. Der Anteil der Veganer und Vegetarier sei unverändert, der Boom bei Fleischersatzprodukten vorbei. „Auch in diesem Segment tritt nun ein Verdrängungswettbewerb ein.“
Die Nachfrage nach Biofleisch sei konstant und liege bei Steirerfleisch bei 1,0 Prozent der Gesamtmenge, bei Tierwohlprodukten betrage der Anteil rund 4,0 Prozent. „Unser Verkauf bemüht sich täglich, die geringen Stückzahlen zu vermarkten“, sagt Scheucher. „Es gibt eine deutliche Diskrepanz zwischen medial suggerierter Nachfrage und dem tatsächlichen Kaufverhalten.“ Der Heimmarkt ist für das Unternehmen der wichtigste, 65 bis 70 Prozent der Produkte verbleiben in Europa, der größte Teil davon in Österreich.
Hier wurde in den letzten fünf Jahren massiv investiert – insgesamt 50 Millionen Euro: So ging im Jänner 2023 in Wolfsberg das „Packwerk 2“ in Betrieb, ein vollautomatisiertes Tiefkühllager, gesteuert durch ein „Warehouse Management System“, das in der unternehmenseigenen Softwareschmiede entstanden ist. Seit April 2024 lässt Steirerfleisch außerdem um mehr als acht Millionen Euro einen neuen Verwaltungs- und Mitarbeiterkomplex errichten.
Traditionell stark ist Steirerfleisch im Export. „Ein Schwein“, so Scheucher, „besteht zu 30 Prozent aus Nebenprodukten wie Innereien, Füßen oder Knochen. Das ist in Europa nicht vermarktbar, daher müssen wir es exportieren, das ist auch eine ethische Frage, denn die Alternative für diese Teile wäre die Tierkörperverwertung.“ Der Export geht überwiegend in asiatische Länder wie China, Japan und Südkorea, wo das, was in Europa nur selten auf den Teller kommt, als Spezialität gehandelt wird.
Die stark gestiegenen Personalkosten in Österreich und ein hoher Schweinepreis in Europa drücken allerdings auf den außereuropäischen Exportanteil, wie Scheucher erklärt: „Der ist so niedrig wie schon lange nicht mehr, wir sind immer weniger konkurrenzfähig.“ Dazu komme, dass Asien in der Zeit von Corona eigene Produktionen hochgefahren hat.
820 Beschäftigte zählt das Unternehmen an beiden Standorten, das Klima sei vertrauensvoll. Scheucher beschreibt den Betrieb als familienfreundlich und leistungsorientiert. „Bei uns zählt, was jemand kann und bereit ist, zum Erfolg beizutragen. Deshalb haben wir eine weit höhere Frauenquote in Führungspositionen als im Branchenschnitt.“ Von Hannes Gaisch-Faustmann