Der Kampf um die Europäische Landwirtschaftspolitik hat begonnen

Im aktuellen „Blick von außen“ rechnen Dr. Eoin Drea und Dr. Peter Hefele vom Thinktank Martens Centre mit Verteilungskämpfen um das langfristige EU-Budget. Das wird auch den Agrarsektor betreffen.

Die Bauernproteste in der Europäischen Union seit 2019 haben die Aufmerksamkeit der Europäischen Politik wieder auf die strukturellen Herausforderungen der Agrarproduzenten, aber auch der ländlichen Räume insgesamt gelenkt.

Der Aufstieg radikaler, populistischer Parteien ist ein Ergebnis wirtschaftlicher Schwierigkeit und Unsicherheiten, aber auch überbordender Regulierung und dem Gefühl fehlender politischer Repräsentation gerade auch unter den Landwirtinnen und Landwirten.  

Im Strategischen Dialog über die Zukunft der EU-Landwirtschaft 2024 hat die EU-Kommission versucht, dieser Opposition zu begegnen – mit geringem Erfolg, da im Wesentlichen die Ausrichtung der reformierten Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) aus dem Jahren 2023 bekräftigt wurden.

Durch die neue Zusammensetzung des Europäischen Parlaments mit deutlich stärkeren nationalistischen und rechten Kräften, aber auch die Diskussion über den neuen mehrjährigen Finanzrahmen (MFF, 2028-2034) ) erwarten wir deshalb in den nächsten Monaten erbitterte Diskussionen über die Neuausrichtung der GAP.

Dabei müssen wir die Landwirtschaftspolitik zugleich im Spannungsfeld mit anderen Politikfeldern sehen. Die wichtigsten sind die Handelspolitik, die Erweiterung der Europäischen Union, die wirtschaftliche Sicherheit und die nachhaltige Entwicklung. Der Beitrag der Europäischen Landwirtschaft zur Ernährungssicherheit und zur Emissionsreduzierung, um nur zwei wichtige Aufgabenfelder zu nennen, wird nicht ohne eine entsprechende finanzielle Honorierung funktionieren.

Zugleich müssen wir aber davon ausgehen, dass der Anteil der Agrarausgaben am Gesamthaushalt der EU weiter zurückgehen wird. Zum Teil ergeben sich alternative Finanzierungsmöglichkeit aus Mitteln für die Regional- und Kohäsion-Politik, die allerdings den Rückgang nicht ausgleichen vollständig können.

Interessant wird sein, ob bei der parallele Reform der Regionalpolitik – ein wichtiger Bereich für die ländlichen Räume – mehr Kompetenzen an die Mitgliedsstaaten und die Regionen verlagert werden und mit welchen Bedingungen diese Mittel aus Brüssels, zum Beispiel im Bereich der Klimapolitik, verknüpft sein werden.   

Zudem muss die Frage nach eigenen Einnahmen der Union auf den Verhandlungstisch, nicht zuletzt wegen der neuen Aufgaben der Europäischen Union bei der Erweiterung oder der gemeinsamen Verteidigung. Und die Rückzahlung der Schulden aus dem Wiederaufbaufonds steht in den nächsten Jahren ebenfalls an.

Die Mittelverteilung im neuen MFF wird deshalb ein klares Bild über den Entwicklungsweg der Europäischen Union weit in das nächste Jahrzehnt geben. Die nächsten Monate müssen deshalb von Seiten der Landwirtschaft intensiv für die politische Einflussnahme genützt werden. von Mario Stelzer