Wissenschaftler haben ein Verfahren entwickelt, um künstliche Huminstoffe herzustellen. So soll in nur wenigen Minuten aus Reststoffen Humus entstehen. Auch für die Biogasbranche sehen sie Potenzial.
ie in Humus enthaltenen Huminstoffe sind essenziell für gesunde Böden und das Pflanzenwachstum. Doch ihre natürliche Entstehung über biologische Prozesse dauert Jahre und setzt Treibhausgase frei – wie zum Beispiel bei der Kompostierung. Das Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB) teilte nun mit, ein neues Verfahren entwickelt zu haben, das diesen Prozess auf Minuten reduziert: die sogenannte hydrothermale Humifizierung.
Dr. Nader Marzban, Post-Doktorand am ATB und Experte für Biokohle und Huminstoffe, drückt es so aus: „Was die Natur in Jahren mit Hilfe von Mikroorganismen schafft, können wir in Minuten bis Stunden in einem kontrollierbaren Prozess mit Hitze, Druck und Wasser erreichen.“
Biomasse und Wasser werden dafür in einem Verhältnis von 0,1 zu 0,4 in einen Bioreaaktor gegeben. Die Faserbestandteile Cellulose, Hemicellulose und Lignin werden dann unter hohem Druck (zwischen 6 und 60 bar) und bei hoher Temperatur (zwischen 160 und 240°C) aufgeschlossen, erklärt Dr. Marzban. Das Ergebnis ist die künstliche Huminsäure, ein bräunlicher Feststoff.
Ein Ziel von Dr. Marzbans Forschung ist eine neue Art von Mikrodünger auf Huminstoffbasis. Denn erste Ergebnisse zeigten nach Angaben des ATB bereits, dass die Zugabe von 0,01 % der Humifizierungsprodukte in den Boden den Keimungsindex deutlich erhöhen und die Pflanzen bei der Aufnahme von Nährstoffen unterstützt.
Weiteres Potenzial sieht er in der Biogaswirtschaft. Dazu erklärt er: „Die Humifizierung ermöglicht es uns, Reststoffe vollständig zu verwerten. Unter Zuhilfenahme von künstlicher Humifizierung können wir bis zu 37 % der Trockensubstanz von Biogasgärresten humifizieren. Dabei entstehen Nebenprodukte wie lösliche organische Verbindungen in der Prozessflüssigkeit. Wenn wir diese bei der Biogaserzeugung wieder dem anaeroben Prozess zuführen, können wir die Methanausbeute verdoppeln. Außerdem entsteht ein humusreicher Gärrest, der als Langzeit-Biodünger chemische Düngemittel ersetzen kann.“
Die Wissenschaftler sind nun dabei, offene Fragen zu klären. Besonders im Sinne der Bioökonomie überlegen sie z. B. welche Reststoffe sich besonders gut künstlich humifizieren lassen, an welchen Stellschrauben sich der Prozess weiter verbessern lässt und wie viel Kohlenstoff so auf Dauer gespeichert werden kann. von Malin Dietrich