Österreichs Agrarpolitik ist dabei, zu einer PR-Spielwiese zu verkommen. Auf der einen Seite wunderschöne Bilder allerorten, griffige Schlagzeilen und jede Menge Wohlfühlen. Grundtenor dabei je nach aktueller Interessenslage – „Wir sind gut“, „Wir haben recht“ oder „Alles ist gut“. Alle Verbände, alle Kammern, alle Organisationen posten das auf Facebook und Instagram. Jeder Landesrat, respektive jede Landesrätin, und alle anderen tun das auch, die in der Landwirtschaft und Agrarpolitik herum sind. Als wäre das die vorderste Aufgabe. Immer öfter geben sich Agrarpolitik und Verbände kuschelweich und supersoft – und offenbar immer das Bauern-Wolkenkuckucksheim der Kronenzeitung und des ORF im Hinterkopf. Pressekonferenzen werden inzwischen oft als PR-Termine missverstanden. Durchgestylte Veranstaltungen, oft eingebettet in ein Konzept, zu dem mittlerweile sogar gehört, dass unmittelbar nach Ende der Pressekonferenz Facebook und Instagram mit durchdesignten Einschaltungen geflutet werden.
Auf der anderen Seite werken Bauernvertreter, die sich gerne als Rabauken geben und ihr Blendwerk treiben mit Forderungen meist jenseits jeder Realität und Verwirklichungschance, um Eindruck zu machen.
Da wie dort wird Diskussion kaum erwartet, im schlechtesten Fall übelgenommen. Und üble Anwürfe und Beschimpfungen hat zuweilen hinzunehmen, wer nicht eins zu eins den Pressetext transportiert. Bei Bio Austria greifen da auch schon einmal Landesobmänner in die unterste Schublade und schreiben in Facebook-Einträgen von „Hass“ und fehlenden Fähigkeiten „sinnerfassend zu lesen“, wenn sich jemand erlaubt, nicht ausschließlich Jubelmeldungen zu schreiben.
Ganz erschreckend ist die Darstellung von gut Bio gegen normale Bauern …….
Die Wirklichkeit und ihre Notwendigkeiten kommen dabei immer öfter unter die Räder. Abweichende Meinungen, unpassende Fragen haben da keinen Platz mehr. Und kritische Geister schon gar nicht. Da schicken die Präsidenten, Obmänner und Direktoren im Handumdrehen ihre Gesandten aus, um solche Leute an die Leine zu legen.
Da nimmt nicht Wunder, dass echte, ernsthafte und grundsätzliche Diskussionen über die Landwirtschaft und eingehende Auseinandersetzungen mit großen Themen von nicht-landwirtschaftlichen Gruppen geführt werden, dass es sie innerhalb der Landwirtschaft aber kaum mehr gibt. Bauern und die nicht-landwirtschaftliche Öffentlichkeit werden von Agrarpolitik und Verbänden und Gruppen, so scheint es, mittlerweile vorzugsweise als Adressaten von Botschaften gesehen. „Oneway“ – in eine Richtung, und Reaktion unerwünscht.
Die Situation ist wenig befriedigend. Vor allem für die Bauern selbst als Betroffene, weil sie auf ehrliche Information angewiesen sind. Aber auch die Glaubwürdigkeit der Landwirtschaft leidet. Echte und werthaltige Informationen kommen inzwischen zu kurz, weil sie aus polit- und PR-strategischen Gründen kaum mehr kommuniziert werden. Wohl auch weil man glaubt, schwierige Diskussionen, Irritationen und Auseinandersetzungen zu vermeiden.
Verständlich mag das ja alles sein. Gut für die Landwirtschaft und die Bauern ist es ganz sicher nicht.
von Hans Gemeiner SN