Real um 21,5 % sank das landwirtschaftliche Einkommen pro Arbeitskraft gegenüber 2023. Das belegt die zweite Vorschätzung der landwirtschaftlichen Gesamtrechnung.
Nach einem deutlichen Plus im Jahr 2022 dürfte das landwirtschaftliche Faktoreinkommen des Jahres 2023 wieder erheblich kleiner ausfallen. Wie die Statistik Austria am vergangenen Freitag (26.4.) bekannt gab, zeigt die zweite Prognose der landwirtschaftlichen Gesamtrechnung ein verringertes landwirtschaftliches Faktoreinkommen je Jahresarbeitseinheit real um 21,5 % aus. 2022 stieg es dagegen um real 24,8 % und 2021 um 6,1 %.
Für den Nettounternehmensgewinn je nicht entlohnter Jahresarbeitseinheit haben die Statistiker ein reales Minus von 27,3 % ermittelt – im Jahr 2022 lag der Wert bei +30,1 %. Hauptgründe für die wenig zufriedenstellende Entwicklung im vergangenen Jahr sind die starken Preisrückgänge für Getreide, gesunkene öffentliche Gelder und gestiegene Abschreibungen. Abgeschwächt wurde das Einkommensminus durch höhere Preise in der tierischen Produktion und moderate Einsparungen bei den Vorleistungskosten.
Die österreichische Landwirtschaft generierte im Jahr 2023 einen Gesamtproduktionswert von rund 10,2 Mrd. €. Dies entspricht einem Rückgang um 2,9 % zum Jahr davor. Dabei standen kräftige Einbußen in der pflanzlichen Erzeugung (-13,2 %) einem neuerlichen Anstieg des Werts der tierischen Produktion (+5,1 %) gegenüber.
Dabei fiel die Entwicklung je nach Produktionssparte sehr unterschiedlich aus: Bei Getreide und Ölsaaten konnte das hohe Preisniveau des Vorjahres nicht gehalten werden, was zu einem Einbruch der Produktionswerte führte. Aufgrund gesunkener Preise gingen auch die Produktionswerte von Zuckerrüben und Futterpflanzen zurück. Das Minus im Obstbau war eine Folge von Ernteausfällen, die durch Preiserhöhungen nicht kompensiert werden konnten. Infolge höherer Erzeugerpreise stiegen hingegen die Produktionswerte von Gemüse, Kartoffeln und Wein. In der Schweineproduktion schrumpfte das Volumen 2023 weiter; aufgrund starker Preisanstiege konnte dennoch ein kräftiges Plus des Produktionswerts erzielt werden. Moderate Produktionswertsteigerungen gab es bei Milch, Geflügel und Eiern. Leicht rückläufig war hingegen infolge eines geringeren Erzeugungsvolumens der Wert der Rinderproduktion.
Laut Schätzungen für 2023 liegen die Aufwendungen der heimischen Landwirtschaft für Vorleistungen bei rund 5,8 Mio. €. Trotz eines Rückgangs um 3,5 % im Jahr davor verblieben diese Kosten auf hohem Niveau. Nachdem die Preise für Futtermittel, Düngemittel und Energie 2022 massiv gestiegen waren, gingen sie 2023 wieder zurück. Gleichzeitig verteuerten sich unter anderem Saatgut, Pflanzenschutzmittel, landwirtschaftliche Dienstleistungen, Instandhaltungsaufwendungen für Maschinen und Gebäude sowie sonstige Güter und Dienstleistungen. Einen neuerlich hohen Zuwachs von 9,6 % verzeichneten die Abschreibungen für das Anlagevermögen. Als Grund nennt Statistik Austria unter anderem die weiter gestiegenen Investitionsgüterpreise. Das Einkommen im Jahr 2023 verringerte sich auch wegen Kürzungen der öffentlichen Gelder. Sie gingen um 14,9 % auf 1,5 Mrd. € zurück.
Das im landwirtschaftlichen Wirtschaftsbereich generierte Faktoreinkommen belief sich laut vorläufigen Berechnungen auf rund 3 Mrd. € (−16,7 %). Dieses steht für die Entlohnung der eingesetzten Produktionsfaktoren Boden, Arbeit (Familien- und Fremdarbeitskräfte) und Kapital zur Verfügung. Bei einer geschätzten weiteren Abnahme des landwirtschaftlichen Arbeitseinsatzes um 1,4 % betrug der durchschnittliche Einkommensrückgang je Arbeitskraft nominell 15,5 %.
Die Preis-Kosten-Schere klaffe in zentralen Produktionsbereichen deutlich auseinander und die durchschnittliche Einkommensentwicklung der letzten Jahre sei unbefriedigend, so Landwirtschaftskammer Österreich-Präsident Josef Moosbrugger. Der führende Agrarpolitiker verwies an diverse Entlastungsmaßnahmen, wie das 360 Mio. € schwere Impulsprogramm oder die Inflationsanpassung des nationalen Anteils der Zahlungen der zweiten Säule der Agrarpolitik für vier Jahre. Moosbrugger forderte von der europäischen Agrarpolitik eine Inflationsanpassung aller EU-Agrarmittel. Zentrales Ziel sei auch ein höherer Wertschöpfungsanteil für die landwirtschaftlichen Produzenten auf den Märkten. von Artur Riegler